Die Ausdrucksdimensionen des Ornaments

Das Ornament ist seiner klassischen Bestimmung zufolge etwas dem Werk Angehängtes. Diese Ergon-Parergon-Relation impliziert ein externes Differenzverhältnis zwischen den Relaten. Um in sich vollständig zu sein, ist das Werk keineswegs auf das Ornament angewiesen, ansonsten wäre dieses ein notwendiger Teil der Werkstruktur und kein Ornament. Durch die schwache Adhäsionskraft, welche das Parergon ans Ergon bindet, wird ex negativo auch dem einseitig vom Werk abhängigen Ornament eine Eigenständigkeit bescheinigt. Unter den Vorzeichen des adäquaten Dekorums kann es sich, die Gattungen und die Grenzen der einzelnen Künste überschreitend, an die verschiedenartigsten Werke anlagern.
Die nähere Untersuchung des asymmetrischen Relationsverhältnisses zeigt jedoch – so die These des Projekts, dass dem Ornament als ‚schwaches‘ Relat auf semantischer Ebene eine doppelte Ausrichtung zugrunde liegt: Einerseits absorbiert es als Bedingtes Inhalte seines Bezugsgegenstandes, die es transformiert wieder freisetzt, andererseits tritt es als einer Eigengesetzlichkeit folgendes Unbedingtes in Erscheinung, das den Bezugsgegenstand mit Bedeutungsanteilen auflädt, die er genuin nicht enthält. Damit erweist sich das Ornament sehr wohl als zur Werkstruktur gehörig, ohne dass die Differenz als Bestimmungsmoment aufgegeben worden wäre. Innerhalb dieses werkinternen Differenzverhältnisses lässt sich das Ornament provisorisch als zum Werk gehöriges ‚Werk im Werk‘ beschreiben.
Die bedeutungsgenerierende Struktur des Ornaments soll im Hinblick auf die Setzung einer Differenz zunächst anhand der Rocaille aufgeschlossen werden, um anschließend auf dem Feld der Faltenrhetorik den Grenzbereich der Differenz zwischen Ornament und Ornatum zu bestimmen.